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Anwendung des Grundsteuer-Reformgesetzes zum 1.1.2022: Wichtige Änderungen im Überblick

Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das Bewertungssystem der bisherigen Grundsteuer mit Urteil vom 10.4.2018 für verfassungswidrig erklärt hatte, wurde der Gesetzgeber tätig: Ab dem 1.1.2025 muss die reformierte Grundsteuer angewandt werden. Die Umsetzung des Gesetzes hat aber schon begonnen und liegt nun maßgeblich bei den Bundesländern und Kommunen, die von der Grundsteuer profitieren. Sie haben durch die sog. Öffnungsklausel abweichend vom Bundesmodell die Möglichkeit, mehr Einfluss auf die Ausgestaltung der Grundsteuer zu nehmen.

Umsetzung und Berechnungsmodelle

Die Mehrzahl der Bundesländer setzt die neue Grundsteuer nach dem sog. Bundesmodell um, das mit dem Grundsteuer-Reformgesetz eingeführt wurde. Dies gilt insbesondere im Bereich der Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliches Vermögen / Betriebe der Land- und Forstwirtschaft). Im Bereich der Grundsteuer B (Grundvermögen / Grundstücke) weichen die Länder Saarland und Sachsen lediglich bei der Höhe der Steuermesszahlen vom Bundesmodell ab. Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen wenden hingegen ein eigenes Grundsteuermodell an. Im Einzelnen:

  • Bayern favorisiert in seinem gerade erst verabschiedeten Grundsteuergesetz ein noch einfacheres reines Flächenmodell. Dabei wird zwischen Grund und Boden einerseits sowie Wohn- und Nutzfläche andererseits unterteilt. 
  • Hingegen findet in Baden-Württemberg ein Bewertungsmodell Anwendung, welches im Wesentlichen auf der Grundstücksfläche und dem Bodenrichtwert basiert. Für die Berechnung werden beide Werte miteinander multipliziert. In einem weiteren Schritt wird eine gesetzlich festgelegte Steuermesszahl angewandt – modifiziert nach der Nutzung des Grundstücks. Für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke gibt es einen Abschlag. Vorteile des von Baden-Württemberg gewählten Modells liegen in der Vermeidung von höherer Besteuerung bei neu geschaffenem Wohnraum. 
  • Hamburg hingegen verwendet das bereits gesetzlich verankerte Flächen-Lage-Modell, hier werden Grundstücks- und Gebäudeflächen mit einer Äquivalenzzahl (0,02 € für den Boden und 0,40 € für das Gebäude) multipliziert. Durch die Differenzierung zwischen guter und normaler Wohnlage bleiben potenziell steigende Marktpreise bei der Berechnung außen vor. 
  • Hessen und Niedersachsen haben sich ebenfalls zu einem Flächen-Lage-Modell entschieden. Auf die Grundstücksfläche als Ausgangsbasis wird ein Faktor angewendet, der die Lage berücksichtigen soll.

Umsetzungsphase 2020 bis 2024: Feststellungserklärungen ab 1.7.2022

Auf den 1.1.2022 sind für alle wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes (Betriebe der Land- und Forstwirtschaft sowie Grundstücke) auf der Grundlage des reformierten Grundsteuer- und Bewertungsrechts Grundsteuerwerte gesondert festzustellen. Zur Durchführung dieser ersten Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte ist durch die Steuerpflichtigen ab dem 1.7.2022 eine Feststellungserklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Anhand der Angaben in der Feststellungserklärung ermitteln die Finanzämter den Grundsteuerwert und erlassen einen Grundsteuerwertbescheid.

Das FA berechnet sodann anhand einer gesetzlich festgeschriebenen Steuermesszahl den Grundsteuermessbetrag und stellt einen Grundsteuermessbescheid aus. Hierbei werden die auf den 1.1.2022 festgestellten Grundsteuerwerte der Hauptveranlagung der Steuermessbeträge auf den 1.1.2025 zugrunde gelegt.

Aktueller Handlungsbedarf

Für eine fristgerechte Abgabe der Steuererklärung besteht bereits jetzt Handlungsbedarf: Die für die Ermittlung der Grundsteuer relevanten Informationen sind zusammenzustellen und weitere Unterlagen/Daten (wie beispielsweise Bodenrichtwerte oder Bruttogrundflächen) sind zu beschaffen oder zu ermitteln. Die Bodenrichtwerte, die sich je nach Gemeinden noch verändern, müssen gem. § 247 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes von den jeweiligen Gutachterausschüssen ermittelt und veröffentlicht werden. Grundsätzlich sind diese Informationen kostenfrei und online zugänglich, es gibt allerdings Ausnahmen. Bundesweit sind noch nicht alle Bodenrichtwerte ermittelt und veröffentlicht worden.

Hinweis: Bis Ende 2024 werden der Grundsteuer noch die bisherigen Einheitswerte zugrunde gelegt.

Berechnung der Grundsteuer ab 2025

Die Stadt bzw. die Gemeinde ermittelt die zu zahlende Grundsteuer. Dazu wird der Grundsteuermessbetrag mit dem Hebesatz multipliziert, der von der Stadt/Gemeinde festgelegt wird. Daraus ergibt sich die zu zahlende Grundsteuer, für die ein Grundsteuerbescheid i.d.R. an den Eigentümer gesendet wird.

Die Neuregelung wird das gesamte Grundsteueraufkommen in der Bundesrepublik verändern. Um Steuererhöhungen entgegenzuwirken, wollen einige Kommunen deshalb die bisherigen Hebesätze anpassen. Das Bundesfinanzministerium hat zwar insgesamt – als Appell an die Kommunen – eine Aufkommensneutralität der Reform propagiert. Auswirkung wird die Grundsteuerreform aber gleichwohl sowohl für Mieter als auch für Vermieter haben.

Fazit: Die Reform erfüllt alle Vorgaben des BVerfG und war aufgrund der stark veralteten Einheitsbewertung aus dem Jahr 1964 überfällig. Fraglich ist jedoch, ob Immobilienbesitzer nach der Neubewertung ihres Grund und Bodens und ihrer Gebäude nicht sogar schlechter gestellt werden. Vor allem in Großstädten, in denen die Preise immer weiter steigen, müssen die Eigentümer wahrscheinlich mit einer höheren Grundsteuer rechnen. Zu hoffen ist, dass die einzelnen Kommunen mit einer entsprechenden Änderung der Hebesätze einem extremen Anstieg entgegenwirken. 

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