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Die Besteuerung von Anteilen bei Zuzug aus dem EU-Ausland

Die Notwendigkeit einer rechtzeitigen steuerlichen Beratung mit Prüfung und Strukturierung bei geplantem Wegzug ist allgemein bekannt. Die Wichtigkeit auch für Fälle des Zuzugs verdeutlicht ein Urteil des BFH, das sich erstmalig höchstrichterlich mit dem Ansatz fiktiver Anschaffungskosten für im Privatvermögen gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften beschäftigt hat. Infolge der Rechtsänderung bei der nationalen Wegzugbesteuerung innerhalb der EU ab 2022 ist die Bedeutung des Urteils im Umkehrschluss nicht zu unterschätzen, da zukünftig keine zinslose Stundung mehr möglich sein wird, sondern eine Besteuerung zum Regelfall wird. Allerdings bestehen dahingehend europarechtliche Bedenken.

Grundsätze

Verlegt ein Gesellschafter mit Anteilen an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen seinen Wohnsitz in einen anderen Staat, begründet er dort im Regelfall das unbeschränkte Besteuerungsrecht für den Zuzugstaat nach dem sog. Welteinkommensprinzip für alle inländischen und ausländischen Einkünfte. Der Wegzug- sowie Zuzugstaat können das Besteuerungsrecht für diesen Fall über eine Regelung im Doppelbesteuerungsabkommen regeln, wobei gewöhnlich der Zuzugstaat das Besteuerungsrecht für Veräußerungsgewinne aus solchen Anteilen zugesprochen bekommt, wenn die Veräußerung nach dem Zuzug erfolgt. Um sich vor dem Wegfall dieses Besteuerungsrechts zu schützen, kann der Wegzugstaat eine Besteuerung des bis zum Wegzug erfolgten Vermögenszuwachses in den Kapitalgesellschaftsanteilen vornehmen. Einige EU-Staaten kennen keine Wegzugbesteuerung und andere erlassen die festgesetzte Steuer nach einer bestimmten Zeit. 

Es kommt somit auf die individuelle Ausgestaltung der Wegzugbesteuerung durch die einzelnen Mitgliedstaaten an, die es im Vorfeld zu berücksichtigen gilt. Erfolgt die Schlussbesteuerung im Wegzugstaat, ordnet § 17 Abs. 2 Satz 3 EStG eine Wertverknüpfung für die besteuerten Anteile zwischen dem Wegzug- sowie Zuzugstaat an, um grundsätzlich eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Dies erfolgt durch fiktive Erhöhung der Anschaffungskosten für die gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteile mit steuermindernder Auswirkung beim späteren (realen) Verkauf im Inland.

Entscheidung des BFH zur Wertverknüpfung

In seinem Urteil vom 26.10.2021 (Az.: IX R 13/20) hatte der BFH erstmalig zu entscheiden, welche Anforderungen an diese Wertverknüpfung zu stellen sind. Der deutsche Gesetzgeber verlangt, dass die Anteile im Wegzugstaat einer vergleichbaren Steuer i.S. des § 6 AStG unterlegen haben. Hierfür ist erforderlich, dass durch die ausländischen Finanzbehörden in einem Steuerbescheid die geschuldete Steuer bei Wegzug berechnet und festgesetzt wurde. 

Nicht entscheidend ist aber nach Ansicht des BFH, dass die Steuer auch tatsächlich gezahlt sein muss. Diese Ansicht hatten bislang das Finanzamt und das Finanzgericht vertreten. Eine Bescheinigung oder ein Schreiben der niederländischen Finanzverwaltung reichte im Urteilsfall hierfür nicht aus, da es sich nicht um einen Steuerbescheid i.S. eines sog. Konservierungsbescheids für Zwecke der Wertverknüpfung beider Staaten handelte.

Auswirkungen in der Praxis

Um zielgerichtet das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, ist eine Abstimmung zwischen dem Steuerberater des Wegzug- sowie Zuzugstaats nach den jeweiligen nationalen steuerrechtlichen Regelungen im Vorfeld unumgänglich; dies insbesondere, wenn im Wegzugstaat ein Erlass der Steuer nach zehn Jahren möglich sein sollte oder der Herkunftsstaat keine Wegzugbesteuerung kennt. Deutschland würde infolge des Welteinkommensprinzips eine vollumfängliche Besteuerung auch für die Wertzuwächse in den Zeiten vornehmen, in denen der Wohnsitz noch im Ausland lag und damit Deutschland kein Besteuerungsrecht besaß. 

Schlussendlich wird der EuGH neben der Frage, ob die ab 2022 anzuwendende nationale Regelung zur Wegzugbesteuerung Deutschland ohne zinslose Stundung nicht gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt, genauso prüfen müssen wie auch die Frage, ob Deutschland mangels Anknüpfungspunkt eine vollständige Besteuerung durchführen darf. Dies wurde im BFH-Urteil nicht thematisiert. 

Hinweis: Es erscheint ratsam, bei solchen Fallkonstellationen zunächst Einspruch einzulegen, bei weiteren anhängigen Verfahren das Ruhen des Verfahrens zu beantragen oder die Erfolgsaussichten einer Klage im Hinblick auf die steuerliche Auswirkung zu prüfen. Im Rahmen der Planung des Zuzugs kann es sinnvoll sein, eine Erhöhung der Anschaffungskosten durch Veräußerung oder qualifizierten Anteilstausch zum gemeinen Wert zu erreichen, wenn das ausländische Steuerrecht dies steuerneutral ermöglicht oder andere Vergünstigungen vorsieht oder bestenfalls Veräußerungsgewinne von Kapitalgesellschaftsanteilen gar nicht besteuert.

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