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Gefährdung der Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführervergütungen

Mittelfehlverwendung im Lichte neuer BFH-Rechtsprechung

Unverhältnismäßige Vergütungen an Vorstände und Geschäftsführer stellen Mittelfehlverwendungen dar, die zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen können (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). Gemeinnützige Körperschaften, die ihren Geschäftsführern oder Vorständen eine Vergütung zahlen, müssen daher die Angemessenheit dieser Vergütungen im Blick behalten. In einem Urteil vom 20.3.2020 (Az.: V R 5/17) konkretisiert der BFH einige Kriterien für die Angemessenheitsprüfung. Außerdem stellt er klar, dass unbedeutende Fehlverwendungen nicht immer zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen (Bagatellvorbehalt).

Anforderungen an die Selbstlosigkeit einer gemeinnützigen Körperschaft

Eine steuerbegünstigte gemeinnützige Körperschaft muss die Allgemeinheit selbstlos fördern und darf weder Mitglieder oder Gesellschafter noch Dritte durch „unverhältnismäßig hohe Vergütungen“ begünstigen (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO). Die Beschränkung auf eine selbstlose Tätigkeit ist nach allgemeiner Auffassung ausschließlich wirtschaftlich zu verstehen. Die obere Grenze für die Angemessenheit der Vergütung ist im Einzelfall durch Schätzung (§ 162 AO) zu ermitteln.

Überhöhte Geschäftsführer- oder Vorstandsvergütungen verstoßen gegen dieses Drittbegünstigungsverbot und können zum Entzug der Steuerbegünstigung führen. Dies kann – insbesondere dann, wenn der Verstoß erst mit erheblichem zeitlichen Verzug erkannt wird – zu hohen Steuernachforderungen, Zinslasten und Haftungsansprüchen an die Organe der gemeinnützigen Körperschaft führen.

Prüfungskriterien gem. BFH-Rechtsprechung

Der BFH hat sich zur Beurteilung der von Geschäftsführergehältern bei steuerbegünstigten Einrichtungen in seinem am 20.8.2020 veröffentlichten Urteil vom 20.3.2020 (Az.: V R 5/17) geäußert. Nach seiner Auffassung kann für die Beurteilung auf Grundsätze der Angemessenheitsprüfung im Rahmen der Beurteilung von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) zurückgegriffen werden. ”Unverhältnismäßigkeit” i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO habe im Grundsatz dieselbe Bedeutung wie “Unangemessenheit” i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG.

Hinweis: Die im Urteil aufgestellten Grundsätze sind auch im Hinblick auf andere Mitarbeiter und Organe wie Vorstände und Beiräte sowie bei sonstigen Geschäftsbeziehungen gemeinnütziger Körperschaften zu beachten, so z.B. bei Miet-, Pacht- und Darlehensverträgen.

Zur Feststellung einer vGA durch überhöhte Vergütungen eines Gesellschafter-Geschäftsführers kann dessen Gesamtausstattung dem BFH zufolge verglichen werden

  • entweder mit den Entgelten, die andere Geschäftsführer oder Arbeitnehmer der betreffenden Körperschaft beziehen (sog. interner Fremdvergleich),
  • oder mit den Entgelten, die unter gleichen Bedingungen an Fremdgeschäftsführer anderer Körperschaften gezahlt werden (sog. externer Fremdvergleich).

Beim externen Fremdvergleich können nach Auffassung des BFH bei gemeinnützigen Körperschaften als Vergleichsmaßstab auch Gehälter herangezogen werden, die von nicht steuerbegünstigten Einrichtungen für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werden. Es gebe keinen speziellen Arbeitsmarkt für gemeinnützige Organisationen, so dass diese bei der Suche nach geeigneten Mitarbeitern auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit gewerblichen Unternehmen konkurrierten. Der BFH hält daher z.B. die Heranziehung von sog. allgemeinen Gehaltsstrukturuntersuchungen für zulässig und konkretisiert die Regeln für deren Anwendung (z.B. im Streitfall Berücksichtigung von besonderen Leistungen durch Heranziehung des oberen Quartils der in der Gesundheitsbranche üblichen Vergütungen, Berücksichtigung von Sicherheitszuschlägen oder in bestimmten Fällen auch von Abschlägen usw.).

Bagatellvorbehalt

Neben seiner Positionierung zu der bisher streitigen Frage der Anwendbarkeit von vGA-Grundsätzen hat der BFH u.a. auch erstmals deutlich klargestellt, dass nicht jeder Verstoß gegen das gemeinnützigkeitsrechtliche Mittelverwendungsverbot zur Entziehung der Gemeinnützigkeit führen darf, sondern für kleinere Verstöße ein sog. Bagatellvorbehalt gilt. Zu dessen Bestimmung stellt er auf absolute und auf relative Kriterien ab, ohne sich allerdings auf mehr als eine Bandbreite festzulegen.

Eine Mittelfehlverwendung von über 10.000 € halten die Münchener Richter für nicht mehr geringfügig. Eine Überschreitung von 3.000 € wurde im konkreten Fall für unschädlich angesehen.

Hinweis: Das Urteil wird weit über den entschiedenen Einzelfall hinaus Bedeutung haben.

Empfehlungen: Die Entscheidungsgrundsätze sollten bei sämtlichen neuen Vergütungsvereinbarungen beachtet werden. Auch in Bezug auf bestehende Verträge ist es ratsam, ihre Konformität mit den Kriterien zu überprüfen, die zur Vermeidung von vGA bei Gesellschafter-Geschäftsführern gelten. Die entscheidenden Faktoren des Prüfungsergebnisses sollten dokumentiert werden. Immerhin besteht ein gewisser Spielraum, denn der BFH weist auch darauf hin, dass es für die Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen keine festen Regeln gibt. Darauf, dass die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung allerdings im Ernstfall von einer Bagatellüberschreitung nicht ausgehen, sollte man sich lieber nicht verlassen.

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