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Maßnahmen zur Bewältigung der Energiekrise und zur Inflationsbekämpfung

Der russische Krieg gegen die Ukraine hat eine Energiekrise ausgelöst und die Notwendigkeit einer Umstellung auf eine klimaneutrale Energieversorgung deutlich vor Augen geführt. Die Bundesregierung und auch die EU-Kommission haben darauf mit zahlreichen Gesetzen reagiert, um die Bürger zu entlasten, um die Inflation zu bekämpfen und um die Transformation zur Nachhaltigkeit voranzutreiben.

I. Nationale Maßnahmen 

Die Bundesregierung hat auf nationaler Ebene verschiedene Maßnahmen getroffen, um der mit dem Krieg verbundenen Erhöhung der Lebenshaltungskosten entgegenzuwirken. Dazu gehören neben der Einführung eines dritten Entlastungspakets die Verabschiedung eines Inflationsausgleichsgesetzes sowie eines Jahressteuergesetzes 2022. Nachfolgend sind 24 (!) Einzel-Maßnahmen aufgeführt.

Entlastungspaket III 

Am 3.9.2022 hat sich die Regierungskoalition auf ein drittes Maßnahmenpaket zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung und zur Stärkung der Einkommen in diesem Jahr geeinigt. 

Energiemarkt

(1) Strompreisbremse mit Entlastungswirkung: Mit der Einführung einer Strompreisbremse sollen sowohl Privathaushalte als auch kleine und mittelständische Unternehmen die Strommenge für einen Basisverbrauch zu einem vergünstigten Preis erhalten. Dies soll über die Einnahmen finanziert werden, die der Staat über das Einführen einer Obergrenze für den Erlös von Energieunternehmen, die Strom aus preislich günstigeren Quellen als Gas herstellen, erhält (vgl. dazu auch Abschn. „Notfallpaket der EU-Kommission“).

(2) Dämpfung der steigenden Netzentgelte: Um die ab 1.1.2023 angekündigte Steigerung der Übertragungsnetzentgelte zu verhindern, sollen Stromnetzentgelte bezuschusst werden. Wie bei der geplanten Strompreisbremse sollen auch hier zur Finanzierung Gewinne von Energieunternehmen mit deutlich gestiegenen Margen vom Staat abgeschöpft werden. 

(3) Entlastung beim CO2-Preis: Die für den 1.1.2023 angestrebte Erhöhung des CO2-Preises um 5 € pro Tonne soll auf den 1.1.2024 verschoben werden. Um weitere Einsparungen im Verkehrsbereich zu ermöglichen, sollen rund 1,5 Mrd. € an Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung gestellt werden. 

(4) Preisdämpfungsmodell für den Wärmemarkt: Über die Realisierbarkeit eines Preisdämpfungsmodells für den Wärmemarkt in Deutschland oder Europa sollen Experten zeitnah tagen.

Rechtliche Maßnahmen außerhalb des Steuerrechts 

(5) Verlängerung des Kurzarbeitergelds: Diese Sonderregelung soll über den 30.9.2022 hinausreichen. 

(6) Einführung sozialer Ansprüche: Neben der Ausweitung des Wohngeldanspruchs soll eine Heizkosten- und Klimakomponente eingeführt werden. Außerdem soll die Einführung von Bürgergeld den Anspruch auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld ersetzen. 

(7) Förderung des öffentlichen Nahverkehrs: Zeitnahe Einarbeitung eines gemeinsamen Konzepts für ein preislich attraktives Nachfolgermodell für das bundesweite 9€-Ticket. 

(8) Hilfen für Unternehmen: Zum einen sollen Unternehmenshilfen verlängert und ausgeweitet werden. Zum anderen wird der Spitzenausgleich für energieintensive Unternehmen bei den Strom- und Energiesteuern um ein weiteres Jahr verlängert. 

Maßnahmen mit steuer- und sozialversicherungsrechtlichem Bezug 

(9) Umsatzsteuer-Senkungen: Für Speisen in der Gastronomie soll die Absenkung der Umsatzsteuer auf 7% verlängert werden. Außerdem soll – vermutlich ab dem 1.10.2022 – für den Gasverbrauch ebenso der ermäßigte Steuersatz von 7% bis Ende März 2024 gelten. 

(10) Unterstützung von Arbeitnehmern durch Inflationsprämie: Unternehmen können ihren Beschäftigten eine steuer- und sozialabgabenfreie Einmalzahlung i.H. von 3.000 € pro Arbeitnehmer gewähren. 

(11) Homeoffice-Pauschale: Diese soll für den Betriebs- und Werbungskostenabzug entfristet werden. 

(12) Neue Höchstgrenze für Midi-Job: Diese soll für Beschäftigte im Übergangsbereich auf 2.000 € angehoben werden. 

(13) Energiepreispauschale: Neben unbeschränkt Einkommensteuerpflichtigen erhalten auch Rentner zum 1.12.2022 von der Deutschen Rentenversicherung einmalig 300 €. Mangels Lohnsteuer fällt die EPP unter die Einkommensteuer, sodass die Höhe der Einmalzahlung vom jeweiligen Einkommen abhängt. Alle Studierenden und Fachschüler sollen eine Einmalzahlung von 200 € erhalten. Inwieweit diese versteuert werden müssen, ist derzeit noch nicht klar. Für sie steht auch noch nicht fest, wie sie das Geld erhalten werden. Positiv für den Verbraucher ist die Tatsache, dass die EPP unabhängig von anderen in Anspruch genommenen Entlastungsmaßnahmen (wie z.B. Wohngeld) gewährt wird. 

(14) Rentenbeiträge: Volle steuerliche Abziehbarkeit von Rentenbeiträgen bereits ab dem 1.1.2023.

(15) Unterstützung von Kindern: Die von der Bundesregierung geplante Entlastung bei Kindern wird mit dem Inflationsausgleichsgesetz konkretisiert. 

(16) Abbau der kalten Progression: Um der kalten Progression entgegenzuwirken, sollen für 2023 und 2024 die Tarifeckwerte im Einkommensteuertarif angepasst werden. Umfangreichere Ausführungen hierzu werden im folgenden Abschnitt „Inflationsausgleichsgesetz“ dargestellt.

Inflationsausgleichsgesetz 

Das Bundeskabinett hat die im Entlastungspaket III bereits angekündigte Rechtsverschiebung des Einkommensteuertarifs für die Jahre 2023 und 2024 zum Ausgleich der kalten Progression am 14.9.2022 verabschiedet und damit den entsprechenden Regierungsentwurf eines Inflationsausgleichgesetzes vom 8.9.2022 in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Das Gesetz beinhaltet insbesondere die folgenden Maßnahmen:

(17) Spitzensteuersatz: Einführung eines Spitzensteuersatzes von 42% für das Veranlagungsjahr 2023 ab einem zu versteuerten Einkommen von 61.972 € (bisher 58.597€) für einzeln Veranlagte, wobei 2024 ein zusätzlicher Anstieg vorgesehen ist. Bei Zusammenveranlagten steigt das zu versteuernde Einkommen entsprechend von 117.194 € auf 123.944 €. Dabei sollen die Tarifeckwerte der „Reichensteuer“ (45%) allerdings beibehalten werden.

(18) Erhöhung des Grundfreibetrags: Zum 1.1.2023 soll der Grundfreibetrag für einzeln Veranlagte von 10.347€ auf 10.632 € und für Zusammenveranlagte von 20.694 € auf 21.264 € angehoben werden. Außerdem wird korrespondierend der Unterhaltshöchstbetrag rückwirkend ab dem Veranlagungsjahr 2022 angepasst. 

(19) Kinderfreibetrag: Zum einen wird ein rückwirkender Anpassungsbedarf für eine nachträgliche Anhebung des Kinderfreibetrags für das Jahr 2022 gesehen. Zum anderen ist eine Anhebung des Kinderfreibetrags für die Jahre 2023 und 2024 entsprechend dem voraussichtlichen Ergebnis des 14. Existenzminimumberichts vorgesehen. 

(20) Kindergeldanpassung: Korrespondierend soll ebenfalls das Kindergeld angehoben werden. Ab 2023 soll dieses für das erste, zweite und dritte Kind jeweils 237 €, für das vierte bzw. jedes weitere 250 € pro Monat betragen. Bisher beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind 219 €, für das dritte 225 € und für jedes weitere 250 € pro Monat. 

Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) 

Der am 14.9.2022 vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 enthält folgende Bestimmungen: 

(21) Modernisierung des Abzugs von Aufwendungen für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung ab 2023 (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b, EStG-E): Der bisher bestehende Maximalbetrag von 1.250 € bei der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers wird in einen pauschalen Jahresbetrag in gleicher Höhe (Jahrespauschale) umgewandelt. Steht für die betriebliche und berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können die Aufwendungen für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung in Höhe der Jahrespauschale abgezogen werden. Damit kann das Besteuerungsverfahren wesentlich vereinfacht und Bürokratie abgebaut werden, weil die individuellen Aufwendungen nicht mehr ermittelt und überprüft werden müssen. Bildet das Arbeitszimmer darüber hinaus auch den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können anstelle der Jahrespauschale – wie bisher – die tatsächlichen Aufwendungen abgezogen werden. 

(22) Homeoffice-Pauschale: Neben der Entfristung der Homeoffice-Pauschale (s. dazu oben unter (11)) ist eine Erhöhung des jährlichen Maximalbetrags auf 1.000 € vorgesehen. Diese soll unabhängig vom Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers gewährt werden. 

(23) Förderung für bestimmte Photovoltaikanlagen ab 2023 (§ 3 Nr. 72 EStG-E): Für diese soll eine Ertragsteuerbefreiung eingeführt und im Zusammenhang mit steuerbefreiten Anlagen die Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen erweitert werden. Außerdem soll für bestimmte Photovoltaikanlagen ein Nullsteuersatz mit Vorsteuerabzug für die Lieferung und Installation eingeführt werden. 

(24) Erhöhung der linearen Gebäude-AfA: Der lineare AfA-Satz für die Abschreibung von nach dem 31.12.2023 fertiggestellten Wohngebäuden soll auf 3% (bisher 2%) angehoben werden. Dabei soll ab 2023 zudem die Möglichkeit entfallen, die AfA abweichend zum typisierten AfA-Satz nach einer begründeten tatsächlichen Nutzungsdauer vorzunehmen.

II. Globale Maßnahmen 

Zur Bewältigung der hohen Energiepreise hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine EU-Notfallverordnung hervorgebracht. Zudem wird eine rasche Umsetzung der globalen Mindeststeuer angestrebt. 

„Notfallpaket“ der EU-Kommission 

Die Eckpunkte des Vorschlags betreffen folgende Ankündigungen: 

(1) Einführung einer Obergrenze für Erlöse von Stromerzeugern mit niedrigeren Grenzkosten wie erneuerbare Energien, Kernenergie und Braunkohle: Dieser Entwurf entspricht dem von der Bundesregierung im Entlastungspaket III gefundenen Kompromiss, sich auf EU-Ebene für eine Erlösobergrenze einzusetzen. Zu betonen ist, dass die Bundesregierung auf nationaler Ebene – unabhängig von der Beschlussfassung auf EU-Ebene – voraussichtlich selbst tätig wird. 

(2) Einführung eines Solidaritätsbeitrags von Öl- und Gasunternehmen.

(3) Maßnahmen zur Senkung des Bruttostromverbrauchs während der Spitzenlastzeiten: Gemäß der vorgeschlagenen Verordnung sollten sich die Mitgliedstaaten bemühen, den Gesamtstromverbrauch um mind. 10% bis zum 31.3.2023 zu senken. Um insbesondere auf die Stunden abzuzielen, in denen der Strom am teuersten ist und Gas i.d.R. den Grenzpreis bestimmt, wird die Verpflichtung vorgeschlagen, den Bruttostromverbrauch in bestimmten Höchstpreisstunden um mind. 5% zu senken.

(4) Vorschlag für einen Gaspreisdeckel.

(5) Betonung der besonderen Bedeutung von Wasserstoff für die Transformation. 

Aus den Maßnahmen (1) – (5) erwartet die Kommission Einnahmen in Höhe von 140 Mrd. € zur Umverteilung an schutzbedürftige private Konsumenten und Unternehmen.

Globale Mindestbesteuerung 

Die Finanzminister von Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und den Niederlanden haben am 9.9.2022 eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in der sie eine rasche Einführung der globalen Mindeststeuer bekräftigen. Sollte eine notwendige Einstimmigkeit innerhalb der EU nicht in den kommenden Wochen realisiert werden, wollen diese Staaten eine globale Mindestbesteuerung mit Wirkung zum 31.12.2023 im Alleingang umzusetzen. 

Hinweis: In Deutschland ist nach einem Beschluss der Koalition der Start zum 1.1.2024 bereits beschlossen. Dabei soll eine Mindestbesteuerung für Unternehmen mit einem Mindestumsatz von 750 Mio. € gelten. 

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