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Mobilitätsdienstleistungen „aller Art“ als privilegierte Sektorentätigkeiten im Sinne des Vergaberechts?

Fahrradvermietsystem keine ÖPNV-Dienstleistung

Im Kreise unserer Mandanten werden vielfältige Bestrebungen verfolgt, die ÖPNV-Unternehmen gerade auch im Zeichen der Verkehrswende zukunftsorientiert und zukunftsfest aufzustellen. Hierbei sollte ein schon älterer, rechtskräftiger Beschluss zur vergaberechtlichen Einordnung sog. Verkehrshilfsleistungen beachtet werden, der für Abgrenzungsfragen vergaberechtlich privilegierter Sektorentätigkeiten wichtig ist.

Betrieb eines Fahrradvermietsystems

Auch dieser in 2018 gefasste Beschluss stammt wie die vorstehend besprochene Entscheidung aus Bayern: Es handelt sich um den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern in Ansbach vom 26.7.2018 (Az.: RMFSG21-3194-3-19). Im Ausgangsfall sollte ein Dienstleister mit der Errichtung und dem Betrieb eines Fahrradvermietsystems in Ergänzung und als Bestandteil des ÖPNV als Teil eines Modellprojekts „Neue Mobilität in Städten“ beauftragt werden. Ziel war hier wie derzeit bei vielen Städten und ihren Verkehrsunternehmen, ein umfassendes, aus mehreren Komponenten bestehendes Mobilitätskonzept rund um die ÖPNV-Leistungen im engeren Sinne zu entwickeln und umzusetzen.

Vergaberechtliche Aspekte bei Verkehrsdienstleistungen

Unabhängig von den im genannten Fall entschiedenen vielfältigen – und interessanten! – vergaberechtlichen Fragestellungen sei hier nur kurz auf den vergaberechtlichen Aspekt der Verkehrsdienstleistungen hingewiesen: Die Vergabestelle ging im entschiedenen Fall davon aus, dass der Betrieb des Fahrradvermietsystems eine vergaberechtlich privilegierte Sektorentätigkeit i.S. des § 102 Abs. 4 GWB darstellt und agierte entsprechend. Dieser rechtlichen Einschätzung erteilte die Vergabekammer aber eine deutliche Abfuhr und stellte die Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrags fest. Die auf der vertraglichen Grundlage beauftragten Bestellungen wurden als „unwirksam und rückabzuwickeln“ benannt. Die Vergabekammer Nordbayern stellt in ihrem Leitsatz 1 ausdrücklich fest, dass „Sektorentätigkeiten im Bereich Verkehrsleistungen … immer netzgebundene Verkehrsleistungen zum Gegenstand“ haben.

Hingegen sei ein Fahrradvermietsystem wie das streitgegenständliche dem Individualverkehr zuzuordnen und auch nicht über das Vehikel der Sektorenhilfstätigkeit der vergaberechtlich privilegierten Sektorentätigkeit zuzuordnen. Sektorenhilfstätigkeiten sind nach Auffassung der Vergabekammer nur solche Leistungen, die ohne die Sektorentätigkeit gar nicht erbracht würden – als Beispiel nennt die Kammer hier das Catering in Zügen.

Empfehlung: Diese klare Einschätzung darf nicht vernachlässigt werden, wenn es um die vergaberechtliche Bewertung und vor allem um die rechtssichere vergaberechtliche Umsetzung neuer Mobilitätskonzepte geht, die verschiedenste Mobilitätsdienstleistungen als Komponenten beinhalten und zusammenführen, um die größtmögliche Nutzerfreundlichkeit zu erzielen. Die Ausführungen der Kammer treffen neben den Fahrradvermietsystemen auch auf andere Komponenten zu, die den ÖPNV ergänzen und zukünftig integraler Bestandteil des öffentlichen Verkehrsnetzes zur Versorgung der Allgemeinheit mit Bahn- und Busleistungen sein sollen (v.a. Dienstleistungen wie Autovermietung, Taxi-Dienste, Car-Sharing etc.).

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