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Sozialversicherungspflicht eines Stiftungsvorstands

Anwendung von Abgrenzungskriterien gemäß aktueller BSG-Rechtsprechung

Für die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung eines entgeltlich tätigen Stiftungsvorstands kommt es im Wesentlichen auf die Frage an, ob er weisungsgebunden ist. Das Bundessozialgericht hat dazu kürzlich Abgrenzungen vorgenommen und sich auch zur Entgeltlichkeit und zum Aufwendungsersatz im Ehrenamt geäußert.

Allgemeines zur Sozialversicherungspflicht

Sozialversicherungspflichtig sind gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Wesentliches Kriterium ist der Begriff der Beschäftigung. Im Sinne des Sozialversicherungsrechts ist Beschäftigung definiert als die „nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers“ (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies z.B. der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. 

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

Hinweis: Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich letztlich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und welche Merkmale überwiegen.

Sozialversicherungspflicht eines Stiftungsvorstands

Die vorbeschriebenen Maßstäbe gelten auch für Vorstandsmitglieder einer Stiftung. Auch sie können der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Zwar gelten gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG Personen, die kraft Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung einer juristischen Person berufen sind (wie z.B. Vorstandsmitglieder) nicht als Arbeitnehmer; allerdings beurteilt sich die Frage der Sozialversicherungspflicht nicht nach dem ArbGG, sondern ausschließlich nach den Regelungen des Sozialversicherungsrechts.

Für die sozialversicherungsrechtliche Zuordnung eines Stiftungsvorstands kommt es im Wesentlichen auf die Frage an, ob der Stiftungsvorstand weisungsgebunden ist und ob eine ehrenamtliche Tätigkeit vorliegt.

Weisungsgebundenheit

Hat eine Stiftung neben dem Vorstand kein weiteres Organ (wie z.B. ein Stiftungsrat), das Weisungen erteilen könnte, folgt daraus sozialversicherungsrechtlich nach Ansicht des BSG (Urteil vom 23.2.2021, Az.: B 12 R 15/19 R) nicht automatisch, dass ein Stiftungsvorstandsmitglied weisungsfrei handeln kann. Maßgebend ist in einem mehrköpfigen Vorstand die Rechtsmacht des einzelnen Vorstandsmitglieds, ihm nicht genehme „Weisungen“ durch Mehrheitsbeschlüsse verhindern zu können.

Im o.g. Fall des BSG war das Mitglied des Stiftungsvorstands auf die Zustimmung mindestens eines weiteren Vorstandsmitglieds angewiesen und konnte auch ihm missliebige Vorstandsbeschlüsse nicht mit seiner Stimme verhindern. Darüber hinaus stellte das BSG darauf ab, dass sich der Vorstand insgesamt ohnehin nur innerhalb eines vom Stifter festgelegten Rahmens bewegen durfte. Im Ergebnis bejahte das BSG eine abhängige Beschäftigung.

Ehrenamtlicher Vorstand

Eine weisungsgebundene Tätigkeit ist nur dann sozialversicherungspflichtig, wenn sie auch entgeltlich erfolgt. Das BSG stellte schon mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2017 (Urteil vom 16.8.20217, Az.: B 12 KR 14/16 R) fest, dass die organschaftliche Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person regelmäßig nicht zu einer persönlichen Abhängigkeit i.S. des § 7 Abs. 1 SGB IV und damit zu einer Sozialversicherungspflicht führt.

Ehrenämter erhalten ihr Gepräge durch die ideellen Zwecke sowie die Unentgeltlichkeit. Finanzielle Zuwendungen schließen die Unentgeltlichkeit zwar nicht aus, dürfen dann aber nur in Form von Aufwendungsersatz für konkrete oder pauschal berechnete Aufwände oder zum Ausgleich für Zeitversäumnis oder Verdienstausfall erbracht werden.

Im Rahmen des Urteils vom 23.2.2021 stellte das BSG außerdem klar, dass kein Ehrenamt mehr vorliegt, wenn Vergütungen auf der Basis eines Stundesatzes bezahlt werden und deren Umfang nicht evident einer Ehrenamtspauschale gleichkommt. Im konkreten Fall waren als Aufwendungsersatz bezeichnete Zahlungen bis zu 60.000 € geleistet worden. Basis war ein Vorstandsbeschluss über den geschätzten jährlichen Zeitaufwand für Vorstandstätigkeiten unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 75 €. Das BSG sah dies als eine (verdeckte) Entlohnung an, die objektiv betrachtet zu Erwerbszwecken erfolgte, und bejahte die Sozialversicherungspflicht des Stiftungsvorstands.

Empfehlung: Unabhängig von ihrer konkreten Bezeichnung sollten Zahlungen an Vorstandsmitglieder, die die gesetzlichen Ehrenamtspauschalen wesentlich überschreiten, genau darauf überprüft werden, ob sie sozialversicherungsrechtlich als (verdecktes) Entgelt gelten können. In Fällen nachträglicher Aufdeckung drohen erhebliche Nachzahlungen.

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