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Verschärfungen für Funktionsverlagerungen ins Ausland ab 2022

Werden betriebliche Funktionen aus dem Inland auf nahestehende ausländische Unternehmen oder Betriebsstätten verlagert, greift der deutsche Fiskus nicht nur auf die in den einzelnen übertragenen Wirtschaftsgütern vorhandenen stillen Reserven zu, sondern besteuert grundsätzlich das mit der übertragenen Funktion insgesamt verbundene Gewinnpotenzial. Nachdem die Normen zur Funktionsverlagerung im Außensteuergesetz (AStG) mit Wirkung ab dem Kalenderjahr 2022 reformiert und dabei z.T. deutlich verschärft wurden, ist jetzt auch die Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV) angepasst worden. Die Neufassung der FVerlV wurde am 25.10.2022 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und ist damit ebenfalls für 2022 in Kraft.

Voraussetzungen einer Funktionsverlagerung

Eine Funktionsverlagerung lag nach bisheriger Lesart vor, wenn „ein Unternehmen (verlagerndes Unternehmen) einem anderen nahestehenden Unternehmen (übernehmendes Unternehmen) Wirtschaftsgüter [..] [oder] sonstige Vorteile sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken überträgt  oder zur Nutzung überlässt, damit das übernehmende Unternehmen eine Funktion ausüben kann, die bisher vom verlagernden Unternehmen ausgeübt worden ist, und dadurch die Ausübung der betreffenden Funktion durch das verlagernde Unternehmen eingeschränkt wird“ (§ 1 Abs. 2 FVerlV a.F.). 

Die neue FVerlV modifiziert dieses Verständnis in für die Steuerpflichtigen verschärfender Weise:

  • So reicht für eine Funktionsverlagerung bereits eine teilweise Übertragung aus.
  • Daneben ist es für eine Funktionsverlagerung nicht mehr nötig, dass Wirtschaftsgüter oder sonstige Vorteile übertragen oder überlassen werden. Ausreichend ist auch die reine Verlagerung einer Funktion. Darunter wird eine Geschäftstätigkeit verstanden, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, welche von bestimmten Stellen/Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden.
  • Weiter liegt eine Funktionsverlagerung auch vor, wenn das übernehmende Unternehmen die verlagerte Funktion nicht ausüben, sondern eine bestehende Funktion ausweiten kann. 
  • Schließlich ist die Notwendigkeit einer Funktionseinschränkung beim verlagernden Unternehmen in der Definition gestrichen worden. Dies dürfte jedoch wenig praktische Auswirkungen haben, da an anderer Stelle eine Funktionsverlagerung nicht vorliegt (wie nach der FVerlV a.F.), wenn es beim verlagernden Unternehmen innerhalb von fünf Jahren nicht zu einer Einschränkung der Funktion kommt (d.h. eine sog. Funktionsverdoppelung vorliegt) oder glaubhaft gemacht wird, dass die Funktionseinschränkung nicht unmittelbar auf die Übertragung zurückzuführen ist.
  • Nach der FVErlV a.F. liegen in bestimmten Ausnahmefällen keine Funktionsverlagerungen vor (§ 1 Abs. 7 FVerlV a.F.: u.a. bei bloßer Dienstleistung). Die FVErlV n.F. enthält diese Ausnahmen nicht mehr.

Rechtsfolgen einer Funktionsverlagerung

Die Rechtsfolgen einer Funktionsverlagerung lassen sich der Abb. 1 entnehmen. 

Hinweis: Da ein Rückgriff auf angemessene Vergleichsdaten der Ausnahmefall ist, wird dieser Punkt im Folgenden nicht weiter vertieft.

Regelfall: Bewertung als Transferpaket

Im Zuge einer Funktionsverlagerung sind die verlagerte Funktion, die damit verbundenen übertragenen/überlassenen Chancen, Risiken, Wirtschaftsgüter und Vorteile sowie die in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen (insgesamt: Transferpaket) als Ganzes zu bewerten. Dabei werden ökonomisch anerkannte Bewertungsmethoden zur Ermittlung von Grenzpreisen des verlagernden (Preisuntergrenze) und des übernehmenden Unternehmens (Preisobergrenze) verwendet, was i.d.R. Investitionsrechnungen erfordert. Macht der Steuerpflichtige nicht einen anderen Wert innerhalb des Einigungsbereichs glaubhaft, ist der Mittelwert der Besteuerung zugrunde zu legen. Nach dieser Vermutungsregel führen daher Standortvorteile jeglicher und damit z.B. auch rein steuerlicher Art, die allein vom übernehmenden Unternehmen erzielt werden können, zu einer Erhöhung des anzusetzenden Werts des Transferpakets.

Die FVerlV n.F. sieht in diesem Zusammenhang folgende Anpassungen der aktuellen Situation vor.

  • Bestehen Zweifel, ob hinsichtlich des Transferpakets oder einzelner Teile eine Übertragung oder eine Nutzungsüberlassung anzunehmen ist, wird nach der FVerlV a.F. auf Antrag des Steuerpflichtigen von einer  Nutzungsüberlassung ausgegangen. Diese Erleichterungsregelung findet sich nicht mehr in der FVerlV n.F.; ob dies jedoch eine tatsächlich relevante Änderung darstellt, muss sich noch zeigen.
  • Nach der FVerlV a.F. kann bei der Kapitalisierung der Zukunftserfolge ein kürzerer als ein unbegrenzter Prognosezeitraum verwendet werden, wenn die Relevanz des kürzeren Zeitraums plausibel dargelegt wird. Nach der FVerlV n.F. ist hingegen ein (voller) Nachweis notwendig.
  • Die alte FVerlV legte fest, dass der Kapitalisierungszinssatz zu bestimmen ist, indem der Nachsteuerzinssatz für eine risikolose Investition um einen funktions-/risikoadäquaten Zuschlag erhöht wurde. Dabei waren jeweils aus Sicht des verlagernden und des übernehmenden Unternehmens unternehmensübliche Risikobeurteilungen zugrunde zu legen; in der Praxis wurden hierbei auch vereinfachende Ansätze verwendet.  Die FVerlV n.F. zwingt dagegen explizit zu einer Ableitung des Kapitalmarktzuschlags, so dass ggf. mit einem höheren Ermittlungsaufwand zu rechnen ist.

Die Bewertung des Transferpakts kann nachträglich unter bestimmten Voraussetzungen noch zu Ungunsten des deutschen Steuerpflichtigen angepasst werden (gesetzliche Preisanpassungsregel), wenn (kumulativ) 

  • wesentliche immaterielle Werte oder Vorteile Gegenstand einer Geschäftsbeziehung sind, 
  • die Verrechnungspreise, welche bei Kenntnis der tatsächlichen Gewinnentwicklung in den ersten sieben Jahren nach dem Geschäftsabschluss vereinbart worden wären, um mehr als 20% vom vereinbarten Verrechnungspreis abweichen,
  • es an einer sachgerechten Anpassungsregelung fehlt und 
  • der Steuerpflichtige nicht widerlegt, dass im Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses Unsicherheiten bezüglich der Verrechnungspreisbestimmung bestanden und unabhängige Dritte eine sachgerechte Anpassungsregelung vereinbart hätten. 

Hinweis: Regelmäßig ist in einem solchen Fall davon auszugehen, dass im achten Jahr nach dem Geschäftsabschluss ein angemessener Anpassungsbetrag auf den Verrechnungspreis der Besteuerung zugrunde liegt.

Ausnahme: Bewertung zu Einzelpreisen 

Sofern die in der Abb. 1 genannten Bedingungen kumulativ vorliegen, darf der Steuerpflichtige Einzelverrechnungspreise statt der Gesamtbewertung des Transferpakets zugrunde legen. Dabei werden die übertragenen Wirtschaftsgüter mit ihren Verkehrswerten angesetzt. 

Wie diese Werte zu ermitteln sind, lässt sich nur im konkreten Einzelfall bestimmen. Die Einzelbewertung ist regelmäßig einfacher und weniger arbeitsaufwändig als die oben geschilderte Bestimmung und Gesamtbewertung des Transferpakets.   

Die Voraussetzungen für diese Erleichterung sind so ausgestaltet, dass sie primär auf die Verlagerung von Routinefunktionen zutreffen. Zu denken ist etwa neben der Etablierung eines Lohnfertigers an die Übertragung von Vertriebsfunktionen auf einen Low-Risk-Distributor, der

  • nach einer kostenbasierten Ausgestaltung der transaktionsbezogenen Netto-Margen-Methode (TNMM) vergütetet wird oder
  • eine das niedrige Risiko berücksichtigende Provision erhält.

Hinweis: Die neue FVerlV finden Sie in der Fassung, welcher der Bundesrat zugestimmt hat, im Internet unter www.bundesrat.de als BR-Drucks. 423/22. Diese Fassung entspricht fast unverändert dem vorangegangenen Referentenentwurf, der ebenso wie die zugehörigen Stellungnahmen verschiedener Wirtschaftsverbände auf der Internetseite des BMF (www.bundesfinanzministerium.de) hinterlegt ist.

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